Die pro-russische Politik Donald Trumps schadet Israel

Eigentlich hatte Israel große Hoffnungen auf den neuen US-Präsidenten gesetzt. Doch die Zweifel wachsen.

Von Matthias Küntzel

Mena-Watch, 7. März 2025

Eigentlich sah es ganz gut aus: Das Mullah-Regime war zu Beginn dieses Jahres schwächer und verletzbarer als je zuvor. Die israelischen Streitkräfte hatten die Hisbollah dezimiert, Syrien befreite sich von der Unterdrückung durch Teheran, israelische Bomber konnten wichtige Anlagen der iranischen Luftabwehr zerstören und Washington lieferte Bomben, die auch Granit durchschlagen können. Das Szenario eines gezielten israelischen Militärschlags, politisch und militärische von den USA unterstützt, rückte näher. Es ist derzeit die zweitbeste Option, um den Griff der Ayatollahs zur Bombe zu verhindern; nur ein unblutiger Sturz des Regimes wäre besser.

Doch nun scheint ausgerechnet Donald Trump diese Rechnung durchkreuzen zu wollen. Am 4. Februar äußerte er auf seinem Truth Social-Kanal den Wunsch „dass der Iran ein großes und erfolgreiches Land ist, aber ohne Atomwaffen.“ Er trete deshalb für „ein verifiziertes atomares Friedensabkommen ein, das es dem Iran ermöglicht, friedlich zu wachsen und zu gedeihen“, so Trump. „Wir sollten unmittelbar anfangen, daran zu arbeiten und eine große Feier veranstalten, wenn es unterzeichnet und abgeschlossen ist.“[1]

Was will Trump von Teheran?

Doch warum wünscht der amerikanische Präsident einem Regime, dass ständig „Tod Amerika, Tod Israel“ skandiert und das Massaker der Hamas vom 7. Oktober feierte, Wachstum und Erfolg? Wieso schlägt er in einer Situation, in der der Bau der Bombe kurz bevorsteht, eine neue diplomatische Initiative vor?

So lange verhandelt wird, schweigen die Waffen – dieser Devise folgend dienten Verhandlungen mit Teheran wiederholt auch dem Zweck, Angriffe durch Israel oder die USA auf die Atomanlagen zu verhindern. Jetzt, wo man einen solchen Angriff in Teheran erwartet „und ihn jede Nacht antizipiert“, wie ein iranisches Regierungsmitglied betont, dürfte Trumps Verhandlungswunsch dem Regime wie ein Segen des Himmels erscheinen.[2]

Man wolle, so die Reaktion aus Teheran, der Trump-Diplomatie eine Chance geben. Es werde aber erwartet, dass die amerikanische Regierung „Israel im Zaum hält, falls sie einen Deal will“.[3] Trump stellte klar: „Falls wir den Deal machten, würde Israel nicht bombardieren.“[4]

Wie aber könnte ein „verifiziertes atomares Friedensabkommen“ zwischen den Vereinigten Staaten und jenem Land, das Israels Vernichtung zur Staatsräson erklärt, aussehen? Wie soll dieses Regime dazu gebracht werden, seine Uranzentrifugen überprüfbar zu verschrotten? Ein Deal wiederum, der die materielle Infrastruktur des iranischen Atomprogramm nicht zerstört, sondern auf dem jetzigen Niveau konserviert, wäre für das Mullah-Regime geradezu ideal. Er würde ihm die Zeit verschaffen, die es noch braucht, um das Bombenprojekt ungestört zu vollenden. Und er würde den iranischen Status als „Quasi-Atommacht“ stabilisieren.

Zwar unterzeichnete Trump am 4. Februar, eine Durchführungsverordnung zur Wiedereinführung von Sanktionen gegen die islamische Republik, bedauerte sich jedoch gleichzeitig: Er sei deswegen „hin- und hergerissen“. Diese Maßnahme sei „sehr hart gegenüber dem Iran“, so Trump. „Hoffentlich müssen wir sie nicht allzu oft anwenden … Ich bin nicht glücklich darüber, das zu tun.“[5]

Der US-Präsident scheint von Anfang an den Deal präferiert zu haben. So soll sich kurz nach der Wahl der Trump-Vertraute Elon Musk mit dem iranischen Botschafter in New York getroffen haben.[6] Schon am dritten Tag seiner Präsidentschaft ernannte er Steve Witkoff, einen Immobilienhändler und „Deal-Maker“ wie Trump selbst, zum neuen Iran-Beauftragten. Ein Kongress-Mitarbeiter der Republikaner zeigte sich darüber erstaunt: Bereits in der Vergangenheit habe Witkoff den Druck auf die Hamas, die Hisbollah und den Iran zu reduzieren versucht.[7]

Am 8. Februar verlieh Trump in einem Interview mit der New York Post erneut seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich das iranische Atomproblem diplomatisch lösen lasse: „Ich hoffe, sie [die Iraner] entscheiden sich dagegen, das zu tun, was sie derzeit in Erwägung ziehen“, so Trump. „Und ich denke, dann werden sie wirklich glücklich sein.“[8] Er schien sich aber selbst nicht wirklich sicher zu sein, ob das tatsächlich und bat den russischen Präsidenten Wladimir Putin um Hilfe.

Ausgerechnet Russland

Es war tatsächlich Donald Trump, der anlässlich ihres Telefonats am 12. Februar den russischen Präsidenten um Vermittlung zwischen den USA und dem Iran bat. Trump wollte keine europäische Macht und auch kein neutrales Land um Vermittlung bitten. Er wandte sich stattdessen an Russland, das hauptsächlich mit den Diktaturen in Nordkorea, China und dem Iran verbündet ist und das Krieg gegen die Ukraine führt.

Moskau sei „bereit, alles in seiner Macht Stehende“ für eine diplomatische Einigung zu tun, bestätigte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.[9] Angesichts seiner besonderen Beziehung zu Moskau war auch das iranische Regime damit einverstanden.

So unterzeichneten Russland und der Iran, die zunächst im Syrienkrieg und seit 2022 beim Ukraine-Krieg eng kooperierten, im Januar 2025 einen auf zwanzig Jahre angelegen „Umfassenden Strategischen Partnerschaftsvertrag“, der sich besonders auf die Sicherheitszusammenarbeit (gemeinsame Manöver, gemeinsame Offiziersausbildung etc.) konzentriert.

Israel war über den Abschluss dieses Vertrages alarmiert: „Jedwedes Abkommen, das Irans ökonomische, strategische oder militärische Fähigkeiten stärkt, ist gefährlich für die gesamte Welt und besonders für Israel“, erklärte die israelische Botschafterin in Moskau, Simona Halperin.[10]

Seither hat sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Diktaturen verstärkt. So hielt sich im Februar Russlands Außenminister Sergei Lawrow in Teheran auf, um das Procedere zu beschleunigen.

Dies alles zeigt, dass die prorussische Politik Donald Trumps nicht nur der Ukraine, sondern auch Israel zu schaden vermag. Je fester der amerikanische Präsident Russland umarmt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass er einen israelischen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen unterstützt. Diese Entwicklung ist bitter für Jerusalem, das mit Trumps Wahlsieg große Hoffnungen verband. „Israel könnte durch die zunehmend kuscheligen Beziehungen des US-Führers zu Putin in die Enge getrieben werden“, warnte nun die Times of Israel.[11] Leider zu Recht.

Dieser Aufsatz wurde am 5. März 2025 abgeschlossen und am 7. März auf mena-watch.com veröffentlicht. Inzwischen tauchten weitere Indizien für die von mir skizzierte Entwicklung auf:

Erstens wurde bekannt, dass die Trump-Administration trotz zahlreicher Proteste Elbridge Colby zum drittwichtigsten Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums (Undersecretary of Defense for Policy) ernannt hat. Colby hatte zuvor wiederholt erklärt, dass die USA mit der iranischen Bombe leben könnten und auch leben sollten, da ein Militäreinsatz die schlimmere Alternative sei.[12]

Zweitens beehrte Donald Trump Revolutionsführer Ali Khamenei am 5. März mit einem Brief, um Verhandlungen über das iranische Atomprogramm vorzuschlagen. „Man kann mit Iran militärisch umgehen oder ein Abkommen abschließen“, erläuterte der Präsident. „Ich würde ein Abkommen vorziehen, weil ich Iran nicht schaden will.“ Am 6. März kamen der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow mit dem iranischen Botschafter in Moskau zusammen. Am 8. März wies Khamenei Trumps Angebot – „das Beharren einiger rüpelhafter ausländischer Regierungen auf Verhandlungen“, so Khamenei – schroff zurück.[13] Ein Tag später folgte der Rückzieher: Irans UN-Vertretung erklärte, dass man Gespräche über „eine potenzielle Militarisierung des Atomprogramms“ nun doch in Erwägung ziehen könne.[14]

Drittens aber haben sich die USA ohne Wissen und ohne die Zustimmung der israelischen Regierung auf direkte Verhandlungen mit der Hamas eingelassen und damit eine Gruppe aufgewertet, die seit 1997 auf der US- Terrorliste steht und das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust zu verantworten hat. Der von Trump beauftragte Verhandlungsführer, Adam Boehler, hat sich in Israel binnen kürzester Frist um Kopf und Kragen geredet: Er bezeichnete Geiseln in der Hand der Hamas als „Gefangene“ und die in israelischen Gefängnissen einsitzenden gerichtlich verurteilten Palästinenser als „Geiseln“ und empfahl allen Ernstes, sich „mit den humanen Elementen dieser [Hamas-] Leute zu identifizieren und darauf aufzubauen“. Zusätzlich bemühte er einen Topos des Antisemitismus, um sein Vorgehen, das auf massive israelische Proteste stieß, zu rechtfertigen. „Wir sind die Vereinigten Staaten. Wir sind kein Agent Israels“, betonte er gegenüber CNN.[15]

Die Originalveröffentlichung bei Mena-Watch findet sich hier.

[1] Trump prefers deal with Iran to ,blowing it to smithereens‘, Jewish News Syndicate (JNS), 9. Februar 2025.

[2] Teheran fears US-Israeli strikes could put its ,existence in danger‘, in JNS, 25. Februar 2025.

[3] Denying US and Israel are planning a strike, Trump says he wants a deal with Iran, Times of Israel (ToI), 5. Februar 2025.

[4] Wie Fußnote 1.

[5] Wie Fußnote 1.

[6] Friederike Böge, Iran sendet widersprüchliche Signale nach Washington, in: FAZ, 8.Februar 2025.

[7] Trump to put Witkoff in charge of nuclear talks with Tehran, report says, in: JNS, 23. Januar 2025.

[8] Wie Fußnote 1.

[9] Tachles, 5. März 2025.

[10] A.V. Arguello, Israel Slams Newly Signed Iran-Russia Treaty as ,Dangerous of the Entire World‘, in: The Algemeiner, 28. Januar 2025.

[11] As Trump cozies up to Putin, Russia reportedly steps in to mediate US-Iran nuclear talks, in: ToI, 4. März 2025.

[12] Tom Rogan, Will Iran give Trump what he wants?, in: Washington Examiner, 5. März 2025 sowie: Lee Smith, A Bridge Too Far?, in: Tablet Magazine, 19. Februar 2025.

[13] Othmara Glas, Iran und die Rüpel der Welt, in: FAZ, 10. März 2025.

[14] Reuters, Iran would consider talks with the US about concerns over militarization of nuclear program, UN mission says, 9. März 2025.

[15] David Horovitz, Meet Adam Boehler, Trump’s complacent, confused and dangerously naive hostage envoy, in: ToI, 10. März 2025.

Bild: Wladimir Putin und Ajatollah Khamenei bei einem Treffen im Iran 2022 · Autor: khamenei.ir · Quelle: https://khl.ink/f/50658 · Lizenz: CC BY 4.0