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Nazis und der Nahe Osten
Wie der islamische Antisemitismus entstand
Redebeitrag anlässlich der bundesweiten Kundgebung "Stimme erheben! Nie wieder Judenhass!" am 31. August 2014 in Frankfurt/Main
Frankfurt, den 31. August 2014
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freudinnen und Freunde,
Vor 70 Jahren tobte auch hier in Frankfurt noch der Nationalsozialismus. Viele denken, damit sei es heute endgültig vorbei. Doch wenn wir in den Nahen Osten schauen, erleben wir, dass sich ein zentrales Element der Nazi-Ideologie erhalten hat: der unbändige Wille, Juden und den Staat der Juden zu vernichten.
Es war Adolf Hitler, der den antisemitischen Antizionismus erfunden und ihn bereits in „Mein Kampf“ propagiert hat. Es waren die Nazis, die 1937 einen jüdischen Teilstaat in Palästina vereiteln wollten und die deshalb alle Hebel in Bewegung setzten, um den Judenhass speziell in der arabischen Welt zu schüren.
Es war Nazi-Deutschland, das seit 1939 mit seiner antisemitischen Radiopropaganda auf Persisch und auf Arabisch die an-alphabetisierte Masse der Araber und Iraner aufhetzte, um sie gegen Juden im Allgemeinen und gegen das zionistische Projekt im Besonderen anzustacheln. Von 1939 bis 1945 – ganze sechs Jahre – wurde der Judenhass der Nazis Tag für Tag per Radio in die arabische Welt geschickt.
Gleichzeitig begannen die Nazis, den schlimmsten arabischen Antisemiten, Amin el-Husseini, den Mufti von Jerusalem, mit Geld und Waffen zu unterstützen. Die Politik des Mufti zeichnete sich aber durch eine Besonderheit aus: Er ließ die Araber, die mit Juden verhandeln wollten, töten.
Die Hamas knüpft an dieses Erbe an: Erst vor wenigen Tagen ließ sie über zwanzig Gaza-Bewohner als angebliche „Kollaborateure“ öffentlich hinrichten. Während der ersten Intifada waren es an die 1.000 Palästinenserinnen und Palästinenser, die die Hamas tötete, weil sie angeblich mit Juden zusammenarbeiten wollten.
Wenn ich heute manchmal die Parole „Free Gaza!“ sehe, dann kann ich dazu nur sagen: Jawohl! Befreit den Gaza-Streifen von der Hamas! Befreit seine Bewohnerinnen und Bewohner von dieser todessüchtigen, mörderischen, hasserfüllten nazihaften Terrorbande.
Als die Radiopropaganda der Nazis 1945 endlich verstummte, hatten sich die Wellen des antisemitischen Hasses in der arabischen Welt bereits selbstständig gemacht. Die Muslimbrüder prahlten, dass der Mufti zurückgekommen sei, um Hitlers Kampf gegen den Zionismus fortzusetzen. El-Husseini setzte 1946 aber auch seine Politik der Liquidierung der Judenfreunde fort.
Diese Propaganda und dieser Terror trugen maßgeblich dazu bei, dass die Zweistaatenlösung, die die Vereinten Nationen 1947 beschlossen hatten, ebenfalls scheiterte und der neue Teilstaat Israel mit Krieg überzogen wurde.
Bis heute wird Adolf Hitler in der arabischen Welt wie nirgendwo sonst verehrt, bis heute stellt in der arabischen Welt die Leugnung des Holocaust nicht die Ausnahme, sondern die Regel dar. Und so, wie früher Hitler, so erwartet heute die Hamas „das Heil“ erst dann, wenn „Muslime die Juden bekämpfen und sie töten“, wie es in Artikel 7 der Hamas-Charta heißt.
Seit etwa zehn Jahren aber schlagen diese Wellen des Hasses eine neue Richtung ein. Seither gelangt der mörderische Antisemitismus, den die Nazis vor 70 Jahren in den Nahen Osten schickten, nahezu unverändert nach Europa zurück. Verantwortlich dafür sind insbesondere die Radio- und Fernsehprogramme von Hisbollah und Hamas, die man auch bei uns empfangen kann.
Die Folgen sahen wir im Sommer auch auf deutschen Straßen: Wer hatte in den letzten Wochen den altbekannten Judenhass hauptsächlich geschürt? Wer hat Juden und jüdische Einrichtungen attackiert und Sympathisanten Israels überfallen? Es waren nicht nur, aber in erster Linie die ideologischen Erben des Mufti von Jerusalem.
Wir haben es beim Judenhass junger, deutscher Muslime nicht mit einem Antisemitismus zu tun, der uns plötzlich von außen überfällt. Sondern wir blicken der Fratze der eigenen Geschichte ins Gesicht.
Auf die Wiederkehr dieser Fratze müssen aber nicht nur wir in Deutschland reagieren. Mit dieser Fratze des Nationalsozialismus hat es besonders Israel zu tun, dessen Bürger von dem neuen „Schwarzen Korps“ namens Hamas gemordet, mit Raketen beschossen und terrorisiert wird.
Der nazihafte Antisemitismus, religiös verstärkt, ist die treibende Kraft beim Krieg der Hamas gegen Israel – ein Krieg, der maßgeblich von Iran angefeuert, vorbereitet und finanziert wird, ein Krieg dessen Fortsetzung Teheran bereits angekündet hat.
Im fernen Indien, in Kalkutta, demonstrierten vor zwei Wochen 20.000 Menschen für Israel. Ihre Parole lautete: „Hindus und Juden vereint gegen den Terrorismus“.
Und hier? Hier musste, wer in den letzten Wochen ein Flugblatt zur Solidarität mit Israel verteilen wollte schon ziemlich mutig sein. Man musste mit Unmut, Hassausbrüchen, gar Gewalttätigkeiten rechnen; und das in einem Land, in dem es bereits vor 70 Jahren einer besonderen Courage bedurfte, um mit Juden solidarisch zu sein.
Das Problem besteht darin, dass die Öffentlichkeit die antisemitischen Aufrufe der Hamas, die denen aus „Mein Kampf“ gleichen, ebenso ignoriert, wie man ehemals „Mein Kampf“ ignorierte.
Dieses Land, das sich einer perfekten Geschichtsaufarbeitung rühmt, versagt, wo jene Geschichte noch lebendig ist. Diese ideologisch motivierte Blindheit bei Pädagogen, Journalisten und sogenannten Nahost-Experten, die ins Fernsehen und Radio eingeladen werden, ist unentschuldbar. Wir dürfen sie nicht länger akzeptieren.
Man kann und muss nicht jeden Aspekt der israelischen Politik verteidigen. Sofern es aber um den Kampf gegen die Hamas geht, sind Solidarität mit Israel und der Kampf gegen den Antisemitismus Eins.
Ich finde es absurd, dass, wenn die Hamas „Tod den Juden“ brüllt, deutsche Politiker und Medien gleichwohl fordern, dass Israel ihr auf halbem Weg entgegenkommen soll.
Ich finde es verlogen, wenn Politiker aller Couleur nach den Ereignissen dieses Sommer erklären: „Antisemitismus hat in unserem Land keinen Platz!“ um im nächsten Atemzug beim Gaza-Krieg von einer „Schuld auf beiden Seiten“ zu schwafeln und zu behaupten, dass Israel ohnehin keinen Frieden will.
Und ich finde es skandalös, wenn der Judenhass auf deutschen Straßen zum Erpressungsinstrument wird; wenn gesagt wird, dass sich die Juden im Interesse ihrer eigenen Sicherheit jetzt doch bitte mal von Israel distanzieren mögen.
Wer so argumentiert, zerstört im Namen der Menschlichkeit alle moralischen Unterscheidungen, aus denen das Konzept der Humanität erwächst.
Dieses Konzept der Humanität ist heute in Gefahr. Wir sehen dies im Irak, wo der „Islamische Staat“ die Yeziden und Kurden ebenso töten und vertreiben will, wie die Hamas die Juden in Palästina töten und vertreiben will. Es ist in beiden Fällen ein Vernichtungskrieg, der keine Grenzen kennt.
Die Hamas und der Islamische Staat sind Elemente einer gemeinsamen Front. Beide entführen und töten Unschuldige. Beide exekutieren ihre eigenen Leute. Beide wollen die Scharia-Diktatur ohne Rechte für die Frau. Beide sind Feinde des Friedens und aller zivilisierten Nationen.
Die blutige Spur, die den Vormarsch der islamistischen Internationale heute kennzeichnet, gestattet kein Halbe-Halbe. Wie vor 70 Jahren sind auch jetzt die Fronten glasklar.
Da kann man nicht die einen Selbstmordattentate verdammen und für die anderen Verständnis aufbringen, sondern da muss man klar Partei ergreifen. Mit dem Verzicht auf Klarheit beginnt die Komplizenschaft.
Lassen Sie mich mit einer Stellungnahme des Holocaust-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel zum jüngsten Gaza-Krieg schließen:
„Bei dem, was wir heute durchleiden handelt es sich nicht um einen Kampf zwischen Juden und Arabern oder zwischen Israelis und Palästinensern. Sondern es ist ein Kampf zwischen denen, die das Leben feiern, und denen, die den Tod verehren. Es ist ein Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei.”
Den letzten Abschnitt dieses Statements behandelte ich am 28. August 2014 auch in einem Kommentar für die “Jüdische Allgemeine”. Sie finden ihn hier .